Trommelsucht

Die Trommelsucht beim Kaninchen hat viele Namen. Tympanie, Aufgasung, Blähsucht oder schlicht und einfach Blähung beschreibt ein Szenario, dass den meisten Menschen gut bekannt sein dürfte. Auch wir leiden nicht selten unter Blähungen und freuen uns, wenn die Luft endlich aus dem Bauch entweicht.

Was beim Menschen in der Regel harmlos ist, lässt Kaninchenhalter die Nackenhaare zu Berge stehen. Kaninchen mit Blähsucht können innerhalb von wenigen Stunden sterben, da sie schnell in eine Schocksymptomatik (siehe Schock) verfallen.

Unser Tipp

Ein aufgeblähtes Kaninchen gehört daher sofort in tierärztliche Behandlung.

Gestörte Darmphysiologie bei Trommelsucht

Als Trommelsucht wird beim Kaninchen ein Zustand mit einem stark aufgeblähten Magen und/oder Darm bezeichnet. Die Namensgebung beruht im Wesentlichen auf der Reaktion des Kaninchens auf seinen aufgedunsenen Bauch: Als Antwort auf den Schmerz trommelt es mit den Hinterbeinen auf den Boden.

Da Kaninchen über einige tierartliche Besonderheiten bei ihrer Verdauung verfügen, kann es bei Nichtbeachtung dieser Besonderheiten schnell zu einer Störung in diesem Bereich kommen.

Im Gegensatz zu anderen Pflanzenfressern wie Kuh oder Schaf, haben Kaninchen einen recht kleinen, wenig bemuskelten Magen. Er ist nicht dazu in der Lage, das aufgenommene und zu Brei verdaute Futter weiter in den Darm zu transportieren. Damit ein Weitertransport möglich ist, muss der Magen stetig mit Nachschub befüllt werden. Verbleibt das Futter nämlich zu lange im Magen, ohne weiter in den Darm zu gelangen, beginnt es hierin zu gären. Aufgrund der fehlenden Muskulatur ist es dem Kaninchen nicht möglich zu erbrechen.

Doch nicht nur der Magen selbst, auch die nachfolgenden Darmpassagen leiden unter einem fehlenden Nahrungsnachschub. Vor allem der beim Kaninchen sehr groß bemessene Blinddarm mit seiner Darmflora ist für die Weiterverdauung von schwer verdaulichen Pflanzeneilen von immenser Wichtigkeit. Hier entsteht außerdem der wertvolle Blinddarmkot, der vom Kaninchen direkt am After aufgenommen wird. So kann es das darin enthaltene Vitamin B und die verschiedenen Fettsäuren optimal nutzen.

Fehlender Nahrungsnachschub (oder falsche Nahrung) führen allerdings dazu, dass sich die Blinddarm-Darmflora verändert, was zum einen zu massiven Verdauungsproblemen führt und zum anderen zu einer Störung des Blinddarmkots.

Ganz nebenbei fungiert der Blinddarmkot als Notfalleinrichtung. Er soll während Hungerphasen für eine ausreichende Magenfüllung sorgen, damit der Nahrungsbrei im Magen auch bei fehlendem Futterangebot weitertransportiert werden kann. Bleibt allerdings der Nachschub aus, so kommt es zwangsläufig irgendwann zum Leerlauf.

Lange Fresspausen sind beim Kaninchen also eine sehr schlechte Idee.

Entstehung der Trommelsucht beim Kaninchen

Der Trommelsucht beim Kaninchen können verschiedene Ursachen zugrunde liegen, nicht immer ist eine falsche Fütterung Schuld daran, dass sich der Bauch des Kaninchens aufbläht. Damit der Futterbrei aus dem Magen weiter in den Darm transportiert werden kann, ist ein stetiger Nahrungsnachschub nötig. Doch nicht nur das Was, sondern auch das Wie spielen eine Rolle im Magen des Kaninchens.

Zu wenig Raufaser oder ein bei der Nahrungsaufnahme über das Maul nicht ausreichend zerkleinertes Nahrungsangebot können zu Problemen im Magen führen. Häufig ist das bei Kaninchen mit Zahnproblemen zu beobachten. Sie nehmen, um den Zahnschmerzen zu entgehen, entweder zu wenig raufaserreiches Futter auf oder können dieses nicht genügend zerkleinern.

Bei zu wenig Raufaser werden meistens zu viele „weiche“ Futtermittel aus dem Nahrungsangebot selektiert, die im Laufe der Verdauung zu einer Übergärung durch die Arbeit der Darmbakterien (sie setzen dabei Gase frei) führen.

Bei unzureichend zerkleinerter Raufaser, sowie durch Haarballenbildung kann es außerdem zu Verstopfungen in der Verdauungspassage kommen. Dadurch verbleiben andere angedaute Futterbestandteile zu lange in den einzelnen Darmabschnitten und werden von den Darmbakterien stetig „bearbeitet“, was, bedingt durch die dabei freigesetzten Gase, ebenfalls zur Aufblähung führt.

Ähnlich gärend wirkt, besonders im Frühjahr, ein Überangebot an frischem Gras bei abrupter Nahrungsumstellung, sowie das Verfüttern von geschnittenem Gras, das bereits warm wird. Hier arbeiten bereits diverse Mikroorganismen und stören bei der Aufnahme massiv den Verdauungstrakt des Kaninchens.

Neben nicht kaninchengerechter Fütterung, zu langen Fütterungspausen und Zahnkrankheiten können aber auch Darmparasiten und Bakterien zu einer Trommelsucht beim Kaninchen führen.

Auch die Aufnahme von Giftstoffen (Garten- oder Zimmerpflanzen) kann bedingt durch eine Lähmung im Verdauungstrakt zur Trommelsucht führen.

Symptome der Trommelsucht beim Kaninchen

Der aufmerksame Kaninchenhalter wird an seinem Kaninchen zunächst nur eine kleine Änderung im Verhalten wahrnehmen.

Nur wenig später treten die charakteristischen Symptome einer Trommelsucht beim Kaninchen zu Tage. Der Bauchumfang nimmt immer mehr zu, das Langohr wirkt regelrecht aufgepumpt wie ein Ballon. Bei der Betastung des Bauches ist eine enorme Abwehrspannung auszumachen, der ist steinhart.

Um dem Schmerz zu entkommen kann es mit den Hinterpfoten auf den Boden trommeln, auch beginnen einige Kaninchen, vor Schmerzen mit den Zähnen zu knirschen.

Dabei kann der tierische Patient entweder mit gekrümmtem Rücken auf seinem Hinterteil sitzen oder auch mit ausgestreckten Hinterpfoten auf dem Boden liegen.

Eine normal tiefe Bauchatmung ist dem Langohr aufgrund der Schmerzen meistens nicht mehr möglich und so ist eine flache, oberflächliche Atmung oder ein regelrechtes schnappen nach Luft zu beobachten.

In diesem Stadium wirkt das Kaninchen apathisch und hat das Fressen in der Regel eingestellt, auch der Kotabsatz funktioniert nicht mehr ausreichend. Ein Teufelskreislauf, der unbedingt unterbrochen werden muss, um die Verdauung wieder in Gang zu bringen.

Unbehandelt ist zudem ein Kreislaufschock vorprogrammiert.

Behandlung der Trommelsucht beim Kaninchen

Bei den ersten Anzeichen einer möglichen Trommelsucht durch Aufgasung sollte der Weg zum Tierarzt nicht gescheut werden. Frisst das Kaninchen noch, so ist sämtliches Saft- und Frischfutter zu entfernen. Stattdessen sind Heu und getrocknete Kräuter die beste Wahl.

Außerdem kann Fenchel-, Kümmel- oder Pfefferminztee angeboten werden.

Sollten schaumbindende Tropfen (Wirkstoff Simethicon) im Haushalt sein, so können diese ebenfalls verabreicht werden, um die gebildeten Gase im Verdauungstrakt schneller abzutransportieren. Der Wirkstoff wird vom Organismus nicht aufgenommen, sondern hat lediglich entgasende Eigenschaften.

Bessert sich durch diese Maßnahmen die Trommelsucht nicht oder verschlimmert sich gar, ist unverzüglich der Tierarzt aufzusuchen. Dieser wird ggf. ein Röntgenbild anfertigen, wenn die Ursache der Trommelsucht nicht eindeutig geklärt werden kann. Hiermit kann er ausmachen, ob es sich um eine Ansammlung von Gasen handelt oder ob es zu einer Verstopfung oder Überladung gekommen ist, der die Verdauung behindert.

Neben der Kreislaufstabilisierung durch Flüssigkeitsinfusion ist die Gabe eines Schmerzmittels die Therapie der Wahl. Führt die Gabe von entgasenden Medikamenten nicht zum Erfolg, so kann auf die Magen-Darm-Bewegungen anregende Mittel (Wirkstoff Metoclopamid) zurückgegriffen werden.

Zusätzlich können leichte Bauchmassagen die Eigenbewegungen des Verdauungstraktes anregen. Da die gesamte Verdauung auf einen Vorschub des Nahrungsbreis durch Futternachschub ausgelegt ist, muss für eine ausreichende Futteraufnahme gesorgt werden.

Nach spätestens 24 Stunden muss mit der Zwangsfütterung begonnen werden, nimmt das Kaninchen nicht selbstständig Nahrung auf!

Vorbeugung der Trommelsucht beim Kaninchen

Die beste Vorbeugung einer Trommelsucht beim Kaninchen ist eine artgerechte, rohfaserreiche Ernährung. Saftfutter sollte immer in Maßen auf dem Speiseplan stehen. Auch muss im Frühjahr, zu Beginn der Außensaison, auf eine langsame Beigabe von frischem Grün geachtet werden. Erst bei ausreichend langer Eingewöhnungszeit können die Langohren ihr grünes Außengehege (sofern vorhanden) ohne Einschränkung genießen.

Die Möglichkeit der Aufnahme von Giftpflanzen und verdorbenem Futter muss, das versteht sich von selbst, in jedem Fall verhindert werden. Wer selber heuen möchte, muss neben der Kenntnis von Giftpflanzen auch auf die korrekte Ernte mit entsprechender langer Trocknungszeit achten.  

Generell gilt:

Bei einem Futterwechsel immer langsam vorgehen und das neue Futter einschleichen.

Jede Futterverweigerung muss genau beobachtet werden, damit rasch interveniert werden kann.

Tritt eine Trommelsucht häufiger auf, ist in jedem Fall nach der Ursache zu forschen, hierbei kann eine Kotprobe hilfreich sein, die auf eine eventuelle Fehlbesiedelung der Darmflora oder einen Parasitenbefall hindeutet.