Kaninchen hat Zahnprobleme

Zahnerkrankungen zählen zu den wohl häufigsten gesundheitlichen Problemen bei unseren Hauskaninchen.

Zahnprobleme beim Kaninchen

Gut zu wissen

Dass ein Kaninchen vor dem vollen Fressnapf regelrecht verhungert, ist dabei nicht etwa eine Seltenheit. Oft machen die Langohren den Anschein, als würden sie fressen, dabei werden lediglich Futtermittel selektiert, die vom Kaninchen überhaupt noch einigermaßen schmerzfrei gefressen werden können.

Grund für die Zahnprobleme beim Kaninchen sind dabei meistens ein Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren: Eine Kombination aus falscher Fütterung und den besonderen anatomischen Gegebenheiten beim Kaninchen.

Besonderheiten von Kaninchenzähnen

Kaninchenzähne wachsen, anders als bei vielen anderen Lebewesen, ein Kaninchenleben lang – und das nicht zu knapp. Jede Woche werden die Beißer unserer langohrigen Mitbewohner um 3 Millimeter länger.

Wirft man einen Blick auf den natürlichen Speiseplan des Kaninchens, so wird schnell klar, dass die Natur hier wunderbar vorgesorgt hat. Kaninchen ernähren sich vorwiegend von Gräsern. Diese enthalten ein hohes Maß an Silikat, was wie feines Schleifpapier auf die Zähne wirkt.

Würden die Kaninchenzähne nicht nachwachsen, wäre der vorhandene Kauapparat schnell abgenutzt und das Kaninchen würde verhungern.

Wird dem Kaninchen durch falsche Ernährung jedoch kein permanenter Abschliff der Zähne ermöglichst, so verhungert es im schlimmsten Fall ebenfalls.  

Ursachen für Zahnprobleme beim Kaninchen

Anhand des besonderen Wachstums der Kaninchenzähne ist es nur logisch, dass eine falsche Fütterung zu den Hauptursachen für Zahnprobleme beim Kaninchen zählt.

Gerne wird hierbei aufgeführt, trockenes Brot, Trockenfutter oder das Knabbern an Zweigen würde die Zähne ausreichend abschleifen. Das entspricht aber nur auf den ersten Blick der Logik. Zwar werden hierbei die Schneidezähne in der Regel ausreichend gekürzt, gerne wird vergessen, dass die Backenzähne ebenso dem permanenten Wachstum unterliegen. Auch sie wachsen pro Woche 3 Millimeter und müssen durch entsprechendes Futter abgenutzt werden.

Dennoch kommt es vor, dass auch Kaninchen, die artgerecht gefüttert werden, unter Zahnproblemen leiden. Hier sind vor allem Fehlstellungen der Grund für Zahnweh beim Kaninchen und diese können wiederum verschiedenen Ursprungs sein.

Zu einem großen Teil sind Zahnfehlstellungen ein hausgemachtes Problem. Vielfach führt ein Vitalstoffmangel – zum Beispiel zu wenig Vitamin D insbesondere bei Wohnungskaninchen, zu wenig Kalzium insbesondere bei der Jungtieraufzucht – zu Zahnanomalien.

Eine Zahnfehlstellung kann aber auch durch vorangegangene Traumen (permanentes Gitternagen, Stöße gegen die Schneidezähne), altersbedingte Zahnfehlstellung oder durch genetische Faktoren begünstigt werden.

Kieferanomalien sind hier besonders bei Zwergkaninchen zu beobachten. Durch ihren ohnehin sehr gedrungenen Schädelknochen sind sie für Zahnprobleme prädestiniert. Eine verantwortungsvolle Zuchtselektion unter Beachtung der genetischen Disposition der einzelnen Zuchttiere sollte hier selbstverständlich sein.   

Zahnprobleme beim Kaninchen erkennen

Nicht immer ist es auf den ersten Blick möglich, Zahnprobleme beim Kaninchen zu erkennen.

Eine offensichtliche Schneidezahnüberlänge lässt sich rasch erkennen, wenn die Zähne des Ober- oder Unterkiefers sichtbar über das normale Maß hervortreten oder einer offensichtlichen Fehlstellung unterliegen.

Auch ein nasses Kinn, bedingt durch den stetigen Speichelfluss und das leicht geöffnete Maul können auf Zahnprobleme hindeuten. Allerdings sind bei offensichtlichen Schneidezahnproblemen immer auch die Backenzähne von einer Fehlabnutzung mitbetroffen!

Wesentlich schwerer ist es, zu lange Backenzähne beim Kaninchen auszumachen. Die Langohren wirken ganz normal, sitzen vor ihrem Futternapf und „bearbeiten“ diesen. Dabei schieben sie die Nahrung häufig lediglich im Napf hin und her, was dem Kaninchenhalter den Eindruck des Fressens vermittelt. Verwundert darüber, dass sein Kaninchen immer dünner wird, begibt er sich auf die Suche nach anderen Ursachen. Oft sind die Gewichtsabnahme oder Verdauungsprobleme die kommen und gehen das erste und einzige Anzeichen von Zahnproblemen beim Kaninchen.

Vermehrtes Trinken, Zähneknirschen, starkes Kauen und eine längere Nahrungsaufnahmezeit können ebenfalls ein Zahnproblem als Ursache haben.

Zahnprobleme beim Kaninchen können sich aber auch in Form von tränenden Augen oder eitrigem Nasenausfluss zeigen. Schuld an diesen „Schnupfensymptomen“ können Zahnwurzeln sein, die durch den Kieferknochen hindurchgewachsen sind und Tränen-Nasen-Kanal oder Nasenhöhle behindern. Auch Abszesse mit Vereiterungen können den Eindruck einer Erkältungskrankheit erwecken, wenn der Eiter durch Nase oder Augen abfließt.  

Diagnose von Zahnproblemen beim Kaninchen

Eine exakte Diagnose von Zahnproblemen bei Kaninchen kann zum einen nur durch einen Tierarzt erfolgen, zum anderen nur durch eine gründliche Diagnostik. Für eine genaue Diagnose ist es unumgänglich, das betroffene Kaninchen zu sedieren, um die Maulhöhle detailliert zu inspizieren. Eine Untersuchung ohne Sedierung ist für Kaninchen ein enormer Stressfaktor und kann im schlimmsten Fall zu einem Schocktod führen.

Sollte eine Narkose aufgrund anderer gesundheitlicher Einschränkungen bei einem langohrigen Patienten nicht möglich sein, so ist eine Stabilisierung des Gesundheitszustandes für eine Narkose anzustreben. Ist auch das nicht möglich, muss die Zahnbehandlung möglichst schonend und stressfrei erfolgen. Neben der eingehenden Sichtprüfung des Kauapparates unter Zuhilfenahme eines Maulspreizers ist unter Narkose auch eine röntgenologische Abklärung gegeben, um eine auf die jeweilige Problematik abgestimmte Behandlung einleiten zu können.   

Allgemeine Behandlung von Zahnproblemen beim Kaninchen

Die Korrektur von Zahnfehlstellungen, zu langen Zähnen oder Zahnhaken sollte ausschließlich mit rotierendem Spezialwerkzeug (Trennschleifer) erfolgen oder durch abschleifen behoben werden.

Warnung

Das Kürzen von Kaninchenzähnen mit Hilfe einer Zange o.ä. sollte in jedem Fall unterlassen werden! Das Zähne knipsen beim Kaninchen verursacht feine Haarrissen im Zahn, die zu Entzündungen im Kieferknochen führen können und nicht selten als schwere Kieferabszesse enden. Durch das Abkneifen der Zähne mittels Zange sind ebenfalls Lockere oder gesplitterte Zähne zu befürchten.

Behandlung gängiger Zahnprobleme bei Kaninchen

Zu lange oder schiefe Schneidezähne behindern die Nahrungsaufnahme und führen häufig zu Verletzungen der Maulschleimhaut. Unter Narkose können die Kaninchenzähne entsprechend auf Normallänge gekürzt werden. Allerdings wird dadurch das abnorme Zahnwachstum nicht gestoppt, sodass eine Kürzung in regelmäßigen Abständen nötig ist.

Sofern nur die Schneidezähne betroffen sind, ist es in solchen Fällen für das Kaninchen schonender, die Schneidezähne gänzlich zu entfernen. Die Nahrung muss dann jedoch entsprechend angepasst und zerkleinert angeboten werden.

Sind die Backenzähne zu lang oder bilden sich Zahnhaken, so ist eine normale Zerkleinerung der Nahrung durch die Kaubewegungen nicht mehr gegeben. Neben Verdauungsproblemen sind zum Teil massive Verletzungen der Maulschleimhaut die Folge. Unter Narkose werden die Backenzähne gekürzt, um die Kaufläche wiederherzustellen. Die Ursache für Zahnhaken oder zu lange Backenzähne ist meistens in einer falschen Fütterung zu suchen. Eine Futterumstellung auf faserreiche Futtermittel muss in jedem Fall erfolgen. Auch bei anatomisch bedingter Mangelabnutzung der Backenzähne kann eine faserreiche Ernährung die Behandlungsintervalle verlängern.

Bleiben Zahnfehlstellungen unentdeckt und somit unbehandelt, erhöht sich beim Kauen des Futters das Druck auf die Zahnwurzeln immer mehr. Diese suchen den Weg des geringsten Wiederstandes und wachsen immer tiefer in den Kiefer ein, bis sie „auf der anderen Seite“ durchstoßen. Die „andere Seite“ ist in diesem Fall ein Hohlraum – entweder die Nasenhöhle oder der Tränennasenkanal. Die Folgen sind chronische Ausflüsse aus Augen und/oder Nase. Auch Entzündungen, die mit Eiterungen einhergehen sind dann keine Seltenheit. Auch hier ist nach genauer Diagnostik das Kürzen der Zähne, in schweren Fällen das Ziehen der betroffenen Zähne, das Mittel der Wahl. Anschließend muss die Ernährung genau unter die Lupe genommen und entsprechend umgestellt werden.  

Zahn- und Kieferabszesse können außerdem die Folge vom Kürzen der Zähne durch eine Zange (oder einen Nagelknipser) sein. Häufig müssen die betroffenen Zähne/der betroffene Zahn entfernt werden, um den Abszess zu öffnen und die Verkapselung auszuschaben. Die Wunde wird daraufhin gespült und eine systemische Behandlung mit einem passenden Antibiotikum eingeleitet. Penicillin wird von vielen Tierärzten als Mittel der Wahl verordnet, dieses muss allerdings zwangsläufig injiziert werden, da Kaninchen die orale Gabe von Penicillin nicht vertragen. 

Zahnproblemen beim Kaninchen vorbeugen

Handelt es sich nicht um eine angeborene Fehlstellung der Kaninchenzähne bzw. des Kiefers, besteht die beste Vorbeugung gegen Zahnprobleme in einer artgerechten und optimierten Ernährung. Diese muss den anatomischen Besonderheiten des permanenten Zahnwachstums gerecht werden und sich so nah wie möglich an der natürlichen Ernährung bewegen (faserreiche Kost).

Auch angeborene Fehlstellung können durch die Fütterung optimiert werden und häufig die Behandlungsintervalle deutlich verlängern. Regelmäßige Kontrollen des Kauapparates sollten für Kaninchenbesitzer, insbesondere von Kleinrassen, gang und gäbe sein, um Problemen mit einer frühzeitigen Behandlung entgegenzutreten. Zahnprobleme bei Kaninchen sind keine Lappalie!