Erkrankungen der Harn- und Geschlechtsorgane

Setzt das einst stubenreine Kaninchen plötzlich an diversen Stellen des Käfigs Urin ab, so hat das mit kurzerhand einsetzendem Ungehorsam wenig zu tun. Vielmehr könnte eine Erkrankung der Harn- oder Geschlechtsorgane des Langohrs hinter der Verhaltensänderung stecken.

Für einige Krankheiten in diesem Bereich sind Kaninchen geradezu prädestiniert, was nicht zuletzt an den physiologischen Besonderheiten des Kaninchenkörpers liegt.

Erkrankungen an Harn- und Geschlechtsorganen

Kaninchen und Kalzium

Bei den meisten Säugetieren wird Kalzium zum größten Teil über den Darm ausgeschieden, nur rund 2 Prozent über die Nieren. Anders sieht das beim Kaninchen aus, denn bei den Langohren wird Kalzium zu gut 60 Prozent über die Nieren ausgeschieden.

Ersichtlich wird das Phänomen dabei am Urin, der von klar bis cremig diverse Konsistenz und Farbe annimmt.

  • Bei jungen Kaninchen und trächtigen Häsinnen ist der Urin häufig ganz klar, da sie das Kalzium für das eigene Wachstum oder das ihrer Ungeborenen zu einem Großteil selber verbrauchen.
  • Ist der Urin von ausgewachsenen Kaninchen hingegen sehr klar, kann das ein erstes Anzeichen auf einen Mangel an Kalzium darstellen, denn ihr Urin sollte eher von pastöser Konsistenz sein.

Diese physiologische Besonderheit führt nicht selten zu Problemen in den Harnwegen. Besonders anfällig sind Kaninchen somit für Blasensteine bzw. Blasengrieß und Blasenentzündungen.

Blasenentzündung beim Kaninchen

Kaninchen sind für Blasenentzündungen relativ anfällig. Urin wird vermehrt abgesetzt, die Stubenreinheit ist plötzliche futsch und der Analbereich wird auffallend häufig geputzt.

Urintropfen auf dem Boden

Ein nasser Bauch, bzw. eine nasse Analregion und Urintröpfeln können ebenfalls auf eine Blasenentzündung hindeuten.

Eine sichere Diagnose gibt es allerdings nur durch den Tierarzt oder Tierheilpraktiker, der mittels Katheter eine Urinprobe gewinnt, manchmal kann eine Röntgenaufnahme oder eine Ultraschalluntersuchung ebenfalls Aufschluss geben.

In einigen Fällen kann es bei einer Blasenentzündung auch zu Blutbeimischungen kommen. Diese müssen aber von einer durch die Fütterung bedingten Verfärbung des Urins, zum Beispiel durch Rote Beete oder Karotten, differenziert werden.

Kaninchen frisst Karotten

Auch eine Gebärmutterentzündung kann aufgrund ähnlicher Symptome schnell mit einer Blasenentzündung verwechselt werden. Die Ursachen für eine Blasenentzündung sind beim Kaninchen recht unterschiedlich, finden ihren Auslöser aber häufig in Form von Blasengries oder Blasensteinen.

Blasengrieß und Blasenstein beim Kaninchen

Blasengrieß wird als Vorstufe zum Blasenstein betrachtet. Durch Kalziumablagerungen in der Harnblase vergriest, bzw. verschlammt diese, was nicht selten zu Entzündungen durch die permanente Reizung führt.

Wird Blasengries nicht behandelt, entwickelt sich daraus Blasenstein oder auch Nierenstein. Eine für das Kaninchen häufig sehr schmerzvolle Erkrankung, die in einem Überangebot an Kalzium in der Nahrung, aber auch an zu niedrigem Wasserkonsum, mangelnder Bewegung und Übergewicht begründet ist.

Kaninchen mit wenig Bewegung

Blasensteine können enorme Ausmaße annehmen und müssen nicht selten chirurgisch entfernt werden. Sind die Steine noch nicht so groß, lassen sie sich bei weiblichen Kaninchen herausmassieren. Im schlimmsten Fall kann es aber auch zu einer Blockade der Harnröhre durch einen feststeckenden Stein kommen – ein lebensbedrohlicher Zustand.   

Erkrankungen der Geschlechtsorgane beim weiblichen Kaninchen

Bei unkastrierte weibliche Kaninchen, mit wässrig schleimigen Absonderungen im Analbereich sollte nicht nur an eine mögliche Blasenentzündung gedacht werden, sondern vor allem an eine Gebärmutterentzündung. Im Unterschied dazu ist der Urinabsatz unverändert und auch Urinverschmutzungen im Fell fehlen. Häufig kommt es zu Blutungen aus der Gebärmutter, die unabhängig vom Urinabsatz auftreten.

Eine weitere Möglichkeit ist das Vorhandensein eines Tumors, dem sogenannten Adenokarzinom der Gebärmutter. Die Erkrankungsrate bei Häsinnen, die das 3. Lebensjahr vollendet haben, liegt bei etwa 50 Prozent, wie Untersuchungen aus England ergaben. Da ein Gebärmuttertumor sehr langsam wächst, können Jahre ins Land ziehen, bis sich Symptome zeigen. Eine möglichst frühzeitige operative Entfernung etwaiger Veränderungen ist hier häufig das Mittel der Wahl.

Ein ebenfalls häufig gesehenen Phänomen unkastrierter Kaninchendamen ist die Scheinträchtigkeit. Normalerweise löst der Deckakt den Eisprung beim Kaninchen aus, doch auch das Aufreiten anderer Kaninchen, egal welchen Geschlechts, kann zum Eisprung führen. Bei einigen Häsinnen treten trotzt ausgebliebener Befruchtung nun alle Anzeichen einer Trächtigkeit auf, inklusive Nestbau, Aggression und Milchbildung. Zwar lässt sich die Scheinträchtigkeit mit entsprechender Medikation behandeln, tritt sie aber regelmäßig auf, ist eine Kastration häufig die bessere Lösung.

Erkrankungen der Geschlechtsorgane beim männlichen Kaninchen

Rammler sind deutlich seltener von Erkrankungen der Geschlechtsorgane betroffen als ihre weiblichen Pendants. Häufigste Krankheit ist bei ihnen der Hodenkrebs, der meistens bei Routineuntersuchungen auffällt. Das Mittel der Wahl stellt hier eine Kastration dar, es sollte aber immer auf eine mögliche Metastasierung in die Lunge untersucht werden, da Hodentumore in der Regel bösartig sind.

Eine weitere Geschlechtskrankheit, die nicht ausschließlich männliche Tiere befällt, ist die Kaninchensyphillis. Die Treponemabakterien werden durch den Geschlechtsakt übertragen, Jungtiere können sich aber auch bei der Geburt infizieren. Erkennbar ist die Kaninchensyphillis durch knotige Veränderungen und eitrige Verkrustungen an Nase, Augen und Geschlechtsteilen, die auf den ersten Blick einen Kaninchenschnupfen vermuten lassen. Vom Fachmann diagnostiziert lässt sich diese Krankheit gut mit Penicillin behandeln.