Braucht das Kaninchen überhaupt Fertigfutter?
Pellets sind seit jeher eng mit der Kaninchenfütterung verbunden. Sie gelten, neben Heu, für Stallhasen als das traditionelle Kaninchenfutter.
Ein wenig Grünfutter dazu und schon ist der Mümmelmann zufrieden und kann seinen Halter mit einer langen Gesundheit erfreuen. So einfach ist das allerdings nicht, denn mehr und mehr wird von der traditionellen Kaninchenfütterung abgewichen.
Aus gutem Grund, denn gerade Pellets und die berühmten Fertigfutter aus dem Fachhandel sind als Kaninchenfutter wenig geeignet. Als Heimtier gehaltene Kaninchen kommen gar gänzliche ohne Fertigfutter aus.
Fertigfutter in der Natur
Wenn Kaninchen in freier Wildbahn zu Tisch hoppeln, dann ist dieser keineswegs reich gedeckt. Im Gegenteil, die Langohren fressen viele kleine Portionen über den ganzen Tag verteilt und sorgen so dafür, dass der Magen-Darm-Trakt nie „leer“ läuft.
Dabei nehmen sie von allem ein wenig auf, hauptsächlich jedoch verschiedene, rohfaserreiche Gräser, Pflanzen, aber auch Samen, Blumen und Rinden. Für die Verdauung des Kaninchens sind Rohfasern von immenser Bedeutung, denn genau darauf ist das Verdauungssystem ausgerichtet und kann ohne Probleme funktionieren.
Ganz nebenbei hat die natürliche Nahrungsselektion den Vorteil, dass sie dem Kaninchen alles an Nährstoffen, Vitaminen und Mineralien in bioverfügbarer Form bietet, was es zum gesunden Leben benötigt.
Fertigfutter aus der Tüte
Betrachtet man die Auslagen mit Kaninchenfertigfutter in den Zoofachhandlungen, so wird man von Auswahl und Abwechslungsreichtum regelrecht erschlagen.
Das klassische Kaninchenfutter in pelletierter Form, meistens in kleinen Sticks und von nicht sehr ansprechend brauner Farbe, wurde längst mit bunten Gemüsestückchen, gepressten Grasröllchen, Kräuterringen und Co. aufgepeppt. Schließlich „kauft“ das Auge des Halters mit und je bunter und „gesünder“ das Kaninchenfutter aus der Tüte aussieht, desto eher wird zugegriffen.
Die Inhaltsstoffe lesen sich teilweise wie ein Lexikon und sind vom Laien kaum zuzuordnen. Zusatzstoffe wie Farbstoffe, Konservierungsmittel, Füllstoffe und Zucker tragen so nette Namen wie Melasse, Johannisbrotkernmehl oder ganz allgemein EG-Zusatzstoffe.
Vitamine werden natürlich auch zugesetzt und entsprechend auf der Verpackung deklariert. Handelt es sich um ein reines Pellet Fertigfutter für Kaninchen, so wird die Zutatenliste gerne von Pflanzlichen Nebenprodukten angeführt, begleitet von Getreide und letztendlich Melasse.
Gefahren von Fertigfutter
Fertigfutter ist nicht per se schlecht fürs Kaninchen. In einigen Ausnahmefällen kann eine Fütterung mit Fertigfutter sinnvoll sein. Allerdings gilt auch dann, Fertigfutter ist nicht gleich Fertigfutter.
Das meiste Fertigfutter, das für Kaninchen angeboten wird hat einen ganz entscheidenden Nachteil, es quillt extrem auf. Allerdings nicht sofort, nachdem es vom Kaninchen gefressen wurde, sondern erst später, wenn es schon eine Zeit lang im Verdauungstrakt unterwegs ist.
Stellt man seinem Kaninchen dieses Futter nun unbegrenzt vor die Nase, so kann es innerhalb kürzester Zeit große Mengen an pelletiertem Fertigfutter zu sich nehmen, ohne ein Sättigungsgefühl zu verspüren. Stellt sich das ein, ist das Kaninchen längst übersättigt.
Diese Art des Fressens belastet Magen und Darm des Kaninchens nicht nur immens, sondern auch ungleichmäßig. Wie wir wissen, ist die Verdauung des Kaninchens auf eine konstante Nahrungszufuhr in kleinen Mengen ausgelegt. Unverarbeitetes Futter bietet durch sein größeres Volumen ein schneller einsetzendes Sättigungsgefühl, wodurch der Mümmelmann aufhört zu fressen, wenn der Magen voll ist.
Außerdem wird durch das langsamere Verarbeiten der Nahrung das Kaninchengebiss gleichmäßig abgenutzt. Verarbeitetes Futter in komprimierter Form wird zudem häufig mit künstlichen Vitaminen versehen, diese liegen selten in bioverfügbarer Qualität vor und können vom Kaninchenkörper daher nicht so gut verwertet werden, wie natürlich vorkommende Vitamine.
Welches Fertigfutter fürs Kaninchen
Die Frage lässt sich schnell beantworten: gar keins! Außer, der Energiebedarf des Kaninchens ist so hoch, dass er durch die normale Fütterung nicht gedeckt werden kann.
Das kann zum Beispiel bei der Winteraußenhaltung, bei sehr großen Kaninchenrassen, Sportkaninchen oder bei Krankheiten der Fall sein.
Unser Tipp
Ein normales Hauskaninchen benötigt kein Fertigfutter aus der Tüte, um ein gesundes, munteres Leben zu führen und seinem Halter viel Freude zu bereiten.Voraussetzung ist eine ausgewogene, der Natur angepasste Ernährung. Wird dennoch Fertigfutter nötig, so sollten kaltgepresste Varianten mit einem hohen Rohfasergehalt bevorzugt werden, die dem Kaninchen in kleinsten Rationen zum Verzehr angeboten werden.